Dieser § 30 HGO legt unmißverständlich fest, wer bei Kommunalwahlen in Hessen, also auch in Frankfurt am Main, wahlberechtigt ist. Er lautet in der aktuell geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 7. März 2005, GVBl. I 2005, 142, Fundquelle):
(1) Wahlberechtigt ist, wer am WahltagMeine Begründung richtet sich gegen Nr. 3 des ersten Absatzes:
Bei Inhabern von Haupt- und Nebenwohnungen im Sinne des Melderechts gilt der Ort der Hauptwohnung als Wohnsitz.
- Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes oder Staatsangehöriger eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Unionsbürger) ist,
- das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat und
- seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde seinen Wohnsitz hat; Entsprechendes gilt für den Ortsbezirk (§ 81).
(2) Hauptamtliche Bürgermeister, hauptamtliche Beigeordnete und Landräte sind ohne Rücksicht auf die Dauer des Wohnsitzes mit dem Amtsantritt in der Gemeinde wahlberechtigt.
Es gibt Menschen, die z. B. aus finanzieller Not oder psychischen Gründen nicht in der Lage sind, zur Miete zu wohnen - geschweige denn eine Immobilie als Eigentum vorweisen zu können. Man könnte auch formulieren, einen Wohnsitz zu haben, geht gewöhnlich mit einem finanziellen Mindeststandard einher. Angesichts einer hohen realen Massenarbeitslosigkeit bundesweit, die nicht von kurzer Dauer ist, wird Wohnsitzlosigkeit (Terminus technicus für „Obdachlosigkeit“) zu einem immer mehr Menschen umfassenden Problem.
Für die frankfurter Wohnsitzlosen gilt nach Nr. 3, daß sie ohne gemeldeten festen Wohnsitz von der anstehenden Kommunalwahl ausgeschlossen sind. Gerade die Ärmsten der Armen in Frankfurt dürfen nicht wählen, obwohl gerade die kommunale Politik sie betrifft. Sie sind vom demokratischen Prozeß ausgeschlossen.
Dieser Wahlrechtsausschluß wirkt garantiert nicht integrierend, sondern wirkt ausgrenzend. Insoweit ist es legitim, hier vom gesetzlichen Sozialrassismus zu sprechen. Außerdem, wer will schon einem »Penner« einen Wohnsitz geben - auch wenn nur als Briefkastenadresse für eine Wohnsitzregistrierung?
Hingegen sind nichtdeutsche Bedienstete der Europäischen Zentralbank in Frankfurt wahlberechtigt, sofern sie EU-Bürger sind und sich ihre „Hauptwohnung“ in Frankfurt halten. In Frankfurt lebende EU-Bürger, die nicht unbedingt einen dauerhaften Bezug zu Frankfurt haben, dürfen ihr aktives Wahlrecht bei der Kommunalwahl am 27. März 2011 ausüben - Frankfurter Wohnsitzlose, trotz dessen sie in Frankfurt fest verwurzelt sind, jedoch sind. Allein diese Ungleichbehandlung dürfte schon zum jetzigen Zeitpunkt die Verfassungsmäßigkeit der anstehenden Kommunalwahl auf das Heftigste in Frage stellen. Die Berechtigung, wählen zu dürfen, darf nicht von einem finanziellen Mindeststandard, wie ich ihn gerade skizziert habe, abhängen.
Wenn Wohnsitzlose in Frankfurt am Main - das gilt übrigens für alle Kommunen in Hessen - wählen wollen, müssen sie beim Einwohnermeldeamt ein Wohnung („Hauptwohnung“) anmelden: Sei es eine Briefkastenadresse in der lokalen Kirchengemeinde oder eine in einer Eigentumswohnung. Man achte auf die Dreimonatsfrist! Es gilt, jetzt aktiv zu werden und den Obdachlosen einen Briefkasten-Wohnsitz zu vermitteln. Im Januar 2011 ist es bereits zu spät.
Lassen Sie mich bitte mit einem Hinweis abschließen: In einem Internet-Artikel können sie nachlesen, daß das Wahlrecht in Brandenburg zugunsten Wohnsitzloser im letzten Jahr in Brandenburg abgeändert wurde - unter einem CDU-Innenminister!
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