Freitag, 25. Juni 2010

PPP-Skandalprojekt in Frankfurt: Korruption im Römer?

Es besteht die Gefahr, daß Public Private Partnership (PPP) anfängt, sich in Deutschlands Kommunen richtig durchzusetzen. PPP verbreitet sich wie eine Seuche - national und International. Damit Sie sich Ihre Augen öffnen, empfehle ich als Einstieg ein Podcast (mp3-Download) . Stellen Sie sich bitte vor, wirklich alles in Ihrer Kommune wird von einem privaten Unternehmen ausgeführt. Das wäre PPP im Endzustand. Mautgebühren für Bürgersteige, Fahrrad-Maut - vieles, was wir uns jetzt noch nicht vorstellen können. 

Um das weitere Durchsetzen dieses für uns sehr kostspieligen Irrsinns in Deutschland zu verhindern, sollten wir gemeinsam handeln - global denken, lokal handeln. So zum Beispiel in Frankfurt am Main:

In Frankfurt ist eine Riesensauerei geplant unter tatkräftiger Mitwirkung der frankfurter Grünen, welche die Stadt Frankfurt am Main sehr teuer zu stehen kommen wird. Man will am 1. Juli 2010 in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung eine Grundsatzentscheidung zugunsten eines aberwitzigen PPP-Vorhabens treffen. Irgendein Nutzen zugunsten der Stadt Frankfurt ist allerdings nicht erkennbar. Als einziges Motiv, so einem Mist - meine Meinung - zuzustimmen, bleibt für mich Korruption übrig.
 

Wenn genügend frankfurter Grüne, die dem Stadtparlament (Stadtverordnetenersammlung) angehören, ihre Meinung ändern, dann gibt es Hoffnung, das unsägliche PPP-Vorhaben zu stoppen. Öffentlicher Druck ist erforderlich. Unten am Ende des Textes habe ich ein paar Tipps, wie Sie helfen können. Machen Sie bitte mit.

Um das Grünen-Handeln besser verstehen zu können, möchte ich Sie zu einer kleinen Reise in die Vergangenheit einladen:

Frankfurt am Main. Wir schreiben das Jahr 1993. Tatort Römer (Stadtparlament der kreisfreien Stadt Frankfurt am Main): Lutz Sikorski kandidiert um ein Dezernentenamt und wird nicht gewählt. Zu diesem Zeitpunkt haben andere wie Joschka Fischer hingegen ihre Altersvorsorge bereits in trockenen Tüchern - man hätte sich damals Sikorski gut als späteren grünen "Versorgungsfall" vorstellen können.

Wir schreiben das Jahr 2006. Lutz Sikorski geht mit den frankfurter Grünen eine schwarz-grüne Koalition ein und wird, ganz anders als 1993, diesmal erfolgreich zum Grünen Verkehrsdezernenten gewählt. Oberbürgermeisterin ist Petra Roth (CDU).

Wir schreiben das Jahr 2007. In einer Rede vor dem frankfurter Stadtparlament verteidigte Manuel Stock (Die Grünen) die Fehler, die beim Bildungszentrum Ostend (ebenso Frankfurt am Main) unterliefen, zum allergrößten Teil als "nicht PPP-spezifisch" (!!!). Es ging um die Rechtfertigung des PPP-Vorhabens für vier Schulen; die schlechten Erfahrungen mit dem Bildungszentrum Ostend paßten einfach nicht ins Bild.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2010. Es gibt viele negative Erfahrungen mit PPP. Dr. Werner Rügemer schrieb ein Buch über Heuschrecken im öffentlichen Raum, welches sich mit PPP befaßt. Attac steht PPP sehr kritisch gegenüber (1. Link, 2. Link).

Mit diesen bestehenden Hintergrunderfahrungen sollte man von öffentlichen Mandatsträgern erwarten dürfen, daß sie bei derartig schwerwiegenden und kostenträchtigen Entscheidungen ein besonderes Maß an Sorgfalt zeigen. Alles andere wäre nicht nur kritisch zu hinterfragen!

Frankfurt ist eine sehr reiche Stadt, die man wie eine Weihnachtsgans ausnehmen könnte, wenn man will. Frankfurt besaß von 2006 - 2008 Überschüsse von 1535 Millionen €. Das ist mehr als 1 Milliarde € und kann Begehrlichkeiten wecken, meinen Sie nicht auch? Intransparente und schwer erkennbare Finanzprodukte, dazu noch Investoren, fertig ist die Absahne. Glauben Sie nicht? Dann nehmen sie bitte die sehr gute Faustregel zur Kenntnis, Barzahlung ist billiger als ein vermeidbarer Kredit (Ob direkt oder indirekt ist egal)... und überhaupt,  kommunale Kredite sind zinsgünstiger als Kredite auf dem freien Kapitalmarkt für Unternehmer.

Am 1. Juli 2010 beabsichtigt die schwarz-grüne Mehrheit in der anstehenden Stadtverordnetenversammlung eine Grundsatzentscheidung zugunsten eines sehr teueren PPP-Projektes, der Sanierung von 170 "Ingenieursbauwerken" (Brücken: deshalb auch Brücken-PPP genannt) durch einen Generalunternehmer. Und das für die Wahnsinnsdauer von 30 Jahren.

Lassen Sie uns jetzt bitte das Ganze gemeinsam aufdröseln:
  • Wie schon erwähnt, kann die Stadt Frankfurt das Ganze leicht in eigener Regie ohne teuere Bilanzkosmetik, was PPP auch darstellt, unter Verwendung von Eigenmitteln durchführen. Keine teueren Beratungsfirmen, keine teueren Rechtsanwälte, ...

  • Stadtkämmerer Uwe Becker benannte Risikostreuung als Argument zugunsten der Entscheidung für einen einzigen Großunternehmer. Den Grünen müßte als (ehemalige?) Umweltpartei doch klar sein, daß es so etwas wie systemische Risiken gibt, die mit der Vorhabensgesamtgröße direkt korrelieren. Für mich ist das Hinnehmen solcher Verlautbarungen irgendwie sinnbefreit ... außer bei dem Generalunternehmen werden Beraterstellen und Aufsichtsratsposten frei. Ein Schelm, wer hier Böses denkt.

  • Für die Ausführung wird eine Zweckgesellschaft gegründet. Die Mindest-Kapitaleinlage ist in Bezug auf die Risikostreuung meines Dafürhaltens sehr gering. Was passiert, wenn die Zweckgesellschaft Insolvenz anmelden muß? Nach den mir bekannten Verlautbarungen wird sich hier ausgeschwiegen, Versicherungen sind hier extrem teuer. Wenn dann noch deshalb der Versicherer Insolvenz anmelden muß (soll ja vorkommen), was dann?

  • Revisionsbericht des Revsionsamtes der Stadt Frankfurt am Main: Schandhafte Geheimniskrämerei. Er ist immer noch nicht als pdf-Download verfügbar. Das ist schon ein Skandal für sich. Angeblich soll er mit gewaltiger Verspätung in den letzten Tagen im Provinzblatt Frankfurter Neue Presse veröffentlicht worden sein. Frage: Wo bitte genau? Wo kann man das Nachlesen? Tut man so, als ob veröffentlicht werden würde und meint damit den Druck aus dem Dampfkessel nehmen zu können?

    Verkehrsdezernent Lutz Sikorski und Stadtkämmerer Uwe Becker sagen, sie wären für Transparenz! Nochmal: Warum ist der Revisionbericht des Revisionsamtes der Stadt Frankfurt am Main dann nicht frei zugänglich? Wo gibt es den Bericht als pdf-Datei zum Downloaden? Verwechseln die Grünen im Römer vielleicht Transparenz mit Bürgerverarschung?

    Inhaltlich befaßt sich der Revisionsbericht mit der Umsetzung des vier-Schulen-PPP-Vorhabens. Es zeigte sich hier, daß die Annahmen unser allseits beliebten schwarz-grünen Stadtregierung bereits in den ersten Jahren Makulatur sind. Teuer, teurer, noch viel teurer - das ist für mich der Trend. Für mich bleibt festzuhalten, daß die Geheimniskrämerei durch unsere ach so geliebte schwarz-grüne Pfusch-Stadtregierung (anders kann man die wohl nicht nennen) immens wichtig für die Grundatzentscheidung zugunsten des Brücken-PPP-Vorhabens ist. Eine rechtzeitige Veröffentlichung des Revisionsberichtes wäre einer Blamage der schwarz-grünen Koalition gleichgekommen und hätte bereits das unmittelbare Ende des PPP-Brücken-Vorhabens zufolge gehabt.

    Einzelheiten sind beim Bündnis gegen PPP (Attac Frankfurt) erfragbar.

  • Vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung: Von Alfen-Consult liegt eine Auftragsarbeit vor (meine Ansicht: typische Rechtfertigungsarbeit, nicht weiter beachtenswert). Selbst der Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e. V. (Otto Kuhn) widerspricht in mindestens einem zentralen Punkt.

    Insbesondere der frankfurter Ortsbeirat 2 hat sich mit den Stimmen von SPD, den Grünen (es gibt noch vernünftige Köpfe unter den frankfurter Grünen) und den Linken mehrheitlich gegen die bisherige "Wirtschaftlichkeitsuntersuchung" ausgesprochen (Vorlage OA 1136 vom 14. Juni 2010 an den Magistrat der Stadt Frankfurt): "...an den Ersteller mit der Auflage der Überarbeitung zurückgewiesen. Sollte sich dieser in absehbarer Zeit nicht dazu in der Lage sehen, erfolgt die Rückforderung der geleisteten Beträge und die Eigenerstellung der VWU."  Dumm für Sikorski and Friends bei den Römer-Grünen, daß schon die eigene lokale Basis aufzumucken beginnt.

  • Die Grünen sind im benachbarten Kreis Offenbach übrigens gegen PPP. Sie haben einen Skandal aufgedeckt. Vorwürfe richten sich gegen den ex-CDU-Landrat Peter Walter, der als großer Fürstreiter für PPP durch die Lande tourt. Die Vorwürfe handeln auch um Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Strothoff Schule, eine internationale Privatschule. Ein gruseliges offenbacher PPP-Beispiel stellt eine toxische PPP-Mülldeponie dar: Die frankfurter Grünen sollten doch mal bitte schön bei den Grünen-Parteimitgliedern südlich des Mains nachfragen! Es muß schon ein sehr schwerwiegender Grund vorliegen, nicht mit den Parteikollegen aus dem Kreis Offenbach zu kommunizieren. Etwa ein finanzieller?

  • Die Vertragslaufzeit von 30 Jahren! Und das bei einer vormals basis-demokratischen Partei. Liebe Grünen, mal ehrlich, was soll der undemokratische Sondermüll, den Ihr Grünen hier fabriziert? Unsere Kinder müssen das alles schlucken. Ich denke, daß die nächste Generation, wenn sie volljährig ist, doch über die finanziellen Belange selbst entscheiden will - und können soll. Das ist das Mindeste, was die frankfurter Grünen, an Respekt gegenüber den Kindern und Kindeskindern aufbringen sollten.

  • Know-How-Verlust: Was die Grünen im Römer wohl vergessen haben, ist der sich beschleunigende Verlust an Fachwissen auf Seiten der Stadt Frankfurt am Main. Man wird als Stadt nicht mehr in der Lage sein, Vorhaben und Vorgaben zu kontrollieren. Die Abhängigkeiten von Experten (mit eigenen Wertauffassungen) von Außerhalb wird die Stadt zunehmend teurer kommen, Es wird der irre Zeitpunkt kommen, daß man für die Ausschreibung, welche die Wahl eines Unternehmens zum Gegenstand hat, welches Ausschreibungen für die Stadt Frankfurt durchführt, ein Beratungsunternehmen braucht.

    Der Verlust an städtischem Fachwissen kommt als PPP-Nebeneffekt die Stadt Frankfurt teuer zu stehen. Für Anhänger der Marktwirtschaft: Unternehmen sind wegen des Verlustes an Fachwissen Pleite gegangen, gehen Pleite und werden Pleite gehen. Wird das auch an Business Schools gelehrt?
  • Nicht nur gewerkschaftliche Kritik: Damit der Generalunternehmer profitabel wirtschaften kann, ein Unternehmerprofit soll ja auch fließen, wird er sehr "kostengünstig" arbeiten. Niedrigpreisige Subunterrnehmer werden von irgendwoher angekarrt, hiesige Kleinunternehmer ausgepresst. Man erinnere sich an die Auftragsvergabe des ehemaligen Bauherrn Jürgen Schneider...

    Arbeitnehmer werden sich mit Lohneinbußen und Lohndumping wohl abfinden müssen.

  • Steuerzahlungen: International operierende Konzerne haben eine eigene Steuer-Abteilung. Frankfurt, das auf die Gewerbesteuer angewiesen ist, dürfte leer ausgehen. Ob Sub-Unternehmer im Rhein-Main-Gebiet Steuern zahlen können, ist genauso fraglich. Ob Sub-Unternehmer aus Südhessen ausführend sein werden, ist genauso fraglich. Juristisch kann man einen Generalunternehmer nicht hierzu verpflichten (siehe auch: Rainer von Borstel, Hauptgeschäftsführer des Verbandes baugewerblicher Unternehmer in Hessen e.V. in  der "Frankfurter Bauzeitung" Nr. 22 vom Juni 2010)
Zur Korruptionsfrage: Das ist wie bei einem Indizienprozeß. Den Mörder, respektive den Wirtschaftsstraftäter, direkt zu überführen, ist oftmals unmöglich. Man muß mühselig kleine Hinweise zu einem Puzzle zusammenfügen. Wichtig ist es hierbei, Gegengründe auszuschließen. Im vorliegenden Fall gibt es keine sonstigen rationalen Gründe. Und als Tatmotiv Dummheit zu unterstellen, kommt nicht in Frage. Schließlich handelt es sich bei den Grünen im Römer um sehr intelligente Leute.

Wenn kein anderes Motiv mehr übrig bleibt, dann sollte man von Korruption ausgehen dürfen, zumal die Veantwortlichen mit Geheimnistuerei in Hinblick auf den Revisionsvertrag agieren. Geheimverträge sind angeblich üblich. Geheimverträge mit Unternehmern müssen nicht sein; man kann anti-Geheimhaltungsklauseln in Verträge quasi als anti-Korruptionsklauseln einbauen (vgl. Transparancy International).

Keine geheimgehaltenen Berichte! Keine Geheimverträge! Leben wir etwa in einer Bakschisch- oder Bananenrepublik?

Wir sollten uns gemeinsam wehren, gegen PPP in Frankfurt stellvertretend für den Rest der Republik!

Was können wir gemeinsam unternehmen?
  1. Den Grünen im Römer zeigen, daß sie komplett schief gewickelt sind. Massiver Protest sollte sie zum Nachdenken zwingen. Die Grünen im Römer haben eine Webseite mit Stadtverordneten. Dort findet man ein Kontaktformular, um mit Grünen-Stadtverordneten per E-Mail über den Irrsinn zu diskutieren. Schickt denen bitte E-Mails mit Eurer Meinung.

  2. Verbreitet bitte diesen Text auf Euren Webseiten. Beachtet bitte die CC-Lizenz und verlinkt auf diesen Text hier (Quellenangabe) oder

  3. stellt eigene Texte ins Internet.
Machen Sie bitte mit!
    Übrigens, die Begriffe PPP und ÖPP sind identisch (Public Private Partnership = Öffentlich-Private Partnerschaft).

    [Nachtrag, 29. Juni 17:49 Uhr: auf der Brückenseite von Attac Frankfurt finden Sie noch mehr zur Brücken-PPP der Stadt Frankfurt am Main. Dort lesen Sie, daß die schwarz-grüne Stadtregierung 500 Millionen € in den Sand setzen will, wenn man die bisherigen Erfahrungen mit der vier-Schulen-PPP zugrunde legt. Zur Rolle der Frankfurter Neuen Presse ist "positiv"anzufügen, daß sie die einzige lokale Zeitung ist, die wenigstens irgendetwas über den Revisionsbericht berichtet.]

    1 Kommentar:

    1. die grünen mandatsträger und amtsinhaber sind eben politiker, und der unterschied zwischen politikern und kriminellen tendiert in dieser brd gegen 0, bzw hat diesen wert schon lange erreicht. ist nun mal so - leider.

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