Mittwoch, 14. Dezember 2011

Randnotizen zur frankfurter Oberbürgermeisterwahl am 11. März 2012

Am 11. März 2012 findet in Frankfurt am Main die nächste Oberbürgermeisterwahl statt. Die wichtigsten Kandidaten bei der OB-Wahl in Frankfurt am Main werden aktuell festgezurrt. Möglicherweise wird schon jetzt, sollte die Partei Die Linke. einen eigenen Kandidaten aufstellen, die nächste Frankfurter Oberbürgermeisterin festgelegt - Frau Heilig von den Grünen.

Die/der OB wird in direkter Wahl gewählt. Erhält kein/e Kandidat/in die absolute Mehrheit, wird in einem zweiten, zusätzlichen Wahlgang das Amt an die Person vergeben, welche in einer Stichwahl die meisten Stimmen bekommt. Zur Stichwahl berechtigt sind die beiden Bestplatzierten.

Obschon die OB-Wahl eine Direktwahl ist, erachte ich es dennoch als zulässig an, die Wahlergebnisse der letzten Kommunalwahl in Frankfurt am Main zugrunde zu legen*, um einige grundlegende Annahmen zu machen: Es ist keine Dominanz einer einzelnen Partei zu erkennen. Auch zeichnet sich nicht die Kandidatur einer außerordentlich bekannten Persönlichkeit ab, so dass aller Voraussicht nach kein/e Kandidat/in im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit an Stimmen erzielen wird. Ein zweiter Wahlgang, eine Stichwahl wird folglich vonnöten sein.

Mit den größten Chancen in die Stichwahl zu kommen, sind dies die Kandidaten/innen der CDU, SPD und der Grünen. Ein Kandidat/in der Partei Die Linke. hätte nur eine sehr geringe Außenseiterchance, die gegen Null tendiert. Sie/er könnte aber im ersten Wahlgang der/dem SPD-Kandidatin/en so viele Stimme kosten, dass es vermutlich zu einer Stichwahl zwischen den Kandidaten der Römerkoalition kommen wird. Die SPD ist derzeit in der Wählergunst zwar etwas im Aufschwung, doch sollte man nicht vergessen, dass die Grünen in Frankfurt eine große Stammwählerschaft besitzen. Der deutschlandweite Bonus der Grünen dürfte zwar am Abflauen sein, dennoch ist der 1-Million-Stimmenabstand ein Pfund, so dass es bei der schwarz-grünen Stichwahl bleiben dürfte - insbesondere dann, wenn sich zusätzlich noch ein/e Kandidatin/en der Partei Die Linke. um das höchste Amt Frankfurts bewirbt. Dass dann noch außerdem ein (kleiner) Achtungserfolg einer/s Kandidatin/en der Piraten die Grünen weitaus mehr schwächt als die SPD, um eine/n SPD-Kandidatin/en auf einen der vorderen beiden Stichwahlplätze zu hieven, erscheint mir mehr als nur fraglich.

Vielleicht hat die Partei Die Linke. in Frankfurt noch eine Rechnung mit der SPD offen, um die/den Kandidatin/en der frankfurter SPD mittels eigener/m Kandidatin/en zu verhindern, ich weiß es nicht. Taktisch klüger wäre es statt dessen allemal zu versuchen, einer grün-schwarzen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung einen halblinken SPD-Oberbürgermeister vor die Nase zu setzen. Gewiefte linke Taktiker (soweit überhaupt vorhanden) könnten in einer solchen Cohabitationssituation lokalpolitisch SPD, Grüne und CDU jagen. Ein SPD-Oberbürgermeister wäre hier wirklich gut beraten, außer mit der eigenen Partei, der grün-schwarzen Stadtverordnetenmehrheit auch mit den Linken zusammenzuarbeiten. Die SPD qua BürgermeisterInnenamt in die politische Verantwortung und Pflicht zu nehmen, das wäre wahrhaftig eine konstruktive linke Oppositionspolitik. Voraussetzung für dieses Szenario wäre allerdings eine rot-schwarze oder eine rot-grüne Stichwahl statt der Stichwahlkombination schwarz-grün. Letztere Kombination hätte für die Oppositionsparteien den Nachtteil, dass die schwarz-grüne frankfurter Stadtregierung weiterhin schön unter sich bliebe; Frankfurt als Stadt würde immer stärker am kapitalistischen Filz krepieren.

CDU: Mit dem Kandidaten Boris Rhein präsentiert die CDU einen Kandidaten der »Stahlhelm-Fraktion«. Mit ihm bedient sie den rechten Rand der eigenen Fraktion mit der Möglichkeit einer All-Parteien-Opposition gegen ihn im zweiten Wahlgang. Dieses Szenerio würde im Falle einer schwarz-grünen Stichwahlsituation ziemlich wahrscheinlich zu einer grünen frankfurter Oberbürgermeisterin führen – als großes bundesparteipolitisches Signal zugunsten einer schwarz-grüne Koalition im Bundestag. Das andere Endergebnis, nämlich dass sich im schwarz-grünen Duell Boris Rhein durchsetzen würde, hätte für Gesamtdeutschland ein speiüble Signalwirkung: Eine noch neoliberalere Hardcore-CDU-Politik würde bei diesem Resultat durchsetzungsfähig erscheinen. Eine schärfere Law-and-Order-Politik als jetzt käme bundesweit zum Tragen. ALG2-Beziehern hätten in Frankfurt nichts zu lachen; man müßte auf eine Wohnungslosigkeit förderliche Heiz- und Mietkostenpauschalisierung gefaßt sein...

Die Grünen: Die Grünen präsentieren eine smarte und nach außen hin sympathisch wirkende Kandidatin ohne besonderes persönliches Profil, also ohne angreifbare Kanten. Sie ist eine Idealbesetzung, um die Anhänger Petra Roths in der CDU zu bedienen. Wenn das nicht die Chance ist, um die nicht-rechtsaußen angesiedelten CDU-Wähler zu bedienen, die mit der Bundes-CDU unzufrieden sind. Boris Rhein bedient ja die eher rechteren Anhänger. Eine für den Kandidaten Boris Rhein gelungene Ergänzung, sollte dieser es nicht schaffen. Meiner Ansicht nach handelt es sich, etwas überspitzt formuliert, bei der grünen Kandidatin um einen konservativen Wolf im grünen Schafspelz. Sollte die Grünen-Kandidatin Heilig obsiegen, wird sich an der neoliberalen Stadtpolitik nichts ändern. Der Fluglärm bliebe uns mit ihr erhalten, garantiert! Stuttgart 21 läßt grüßen.

SPD: Hier tobt noch der Kampf zwischen dem rechteren Paris und dem linkeren Feldmann. Peter Feldmann scheint derzeit favorisiert zu sein, denn nicht nur die Jusos scheinen ihn für den besseren Kandidaten zu halten. Parteiinterne Rufmordattacken oder -vorwürfe aber könnten dem Sieger bei der SPD-Kandidatenauslese, egal wer gewinnt, schaden. Hält die SPD nicht zusammen, ist eines sicher - egal wie es um die Beteiligung einer linken Kandidatin bei der OberbürgermeisterInnenwahl bestellt ist -, es wird dann auf ein schwarz-grünes Stichwahlduell hinauslaufen.

Die Linke.: Mit Janine Wissler könnte die Partei Die Linke. ein politisches Schwergewicht der hessischen Landtagsfraktion als Oberbürgermeisterin-Kandidatin nominieren. Sollte sie nächsten Samstag auf der Kreismitgliederversammlung nominiert werden, gilt nicht der Einzug in die Stichwahl als Erfolgsmaßstab, sondern ein prozentmäßig besseres Abschneiden als bei der letzten Kommunalwahl – und wer aber Oberbürgermeister/in in Frankfurt wird, ist das wirklich so egal? Will man unbedingt ein schwarz-grünes Wahlduell forcieren?

Wisslers Kandidatur vorausgesetzt, läßt sich sagen, dass hier eine achtbare Politikerin mit Profil ein klein wenig verschlissen wird, schließlich sind die Kandidaten der großen frankfurter Parteien SPD, die Grünen und CDU keine politischen Nobodys. Die zusätzliche Kandidatur einer/s Kandidatin/en der Piratenpartei kostet genauso Prozentpunkte. Und wenn man den bundesweiten Trend zugrunde legt, dann ist jedes Prozent über Null ein politischer Erfolg.

Was würde ein solcher Erfolg aber bedeuten? Im Falle des Erfolgs würde die Landespartei, die nicht zu den Reicheren gehört, kräftig zu Ader gelassen werden. Man könnte sich über einen Imagegewinn vortrefflich amüsieren, der eine einmalige Randnotiz in den Massenmedien beinhalten würde, schnitte der hohe »Kaufpreis« doch nicht so sehr ins eigene linke Fleisch. Außer Spesen nichts gewesen?

Aus lokaler parteiinterner Binnenperspektive wäre der Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke. im frankfurter Römer (Rathaus, Stadtverordnetenversammlung), Lothar Reininger, die absolut richtige Wahl für eine OB-Kandidatur: Wenn schon unbedingt ein linker städtischer «Präsidialwahlkampf«, dann bitteschön mit Herrn Reininger, der in der Römerfraktion das große Sagen hat. Begründung: Wir wissen, dass die Linke ihr diesjähriges Kommunalwahlergebnis in Frankfurt verbasselt hatte, vom einstigen lokalen Glanze keine Spur. Reininger als verantwortlicher Fraktionsvorsitzender ist in seiner eigenen Partei umstritten, bis hin zu Rücktrittsforderungen. Herr Reininger hätte es in der Hand, diese kritischen Stimmen mittels eigener Kandidatur zu widerlegen. Zugegeben, Reiningers Kandidatur wäre für ihn ein zweischneidiges Schwert. Bei einem Nichterfolg wäre der Rücktritt angezeigt, bei einem Erfolg wäre Reininger als Fraktionsvorsitzender hingegen fest etabliert.

Eine Kandidatur Reiningers brächte also parteiintern ein reinigendes Maß an Klarheit zutage – So jedoch ist man versucht zu meinen, ein relativ schlechtes Abschneiden Wisslers - sollte dieser Fall eintreten - hätte den Zweck, Herrn Reininger reinzuwaschen. Wenn Frau Wissler es schon nicht besser schafft, ginge das vorangegangene schlechte Kommunalwahlergebnis so in Ordnung. Aus diesem Sachverhalt wird für die OberbürgermeisterInnenwahl ein taktischer Schuh, wenn im Wahlkampf Janine Wisslers intern sabotiert werden würde, in welcher Form auch immer.

Generell stellt eine Direktwahl ein plebiszitäres Demokratieelement dar, welches im Falle einer OberbürgermeisterInnenwahl richtig Geld kostet: In unserem kapitalistischen System kommt es gerade wegen der hohen Kostenlast häufig zu einem Verlust an Demokratie aufgrund der Ungleichheit finanzieller Ressourcen. Wird eine Seite/Partei übervorteilt, muß man zwingend von Scheindemokratie sprechen.

* Wahlergebnisse der Wahl zur frankfurter Stadtverordnetenversammlung am 27. März 2011 in absoluten Stimmen (Kumulieren und Panaschieren - Mehrfachstimmrecht: insgesamt 16,4 Millionen gültige Stimmen):
 
CDU 5 006 324 Stimmen
Die Grünen 4 238 740 Stimmen
SPD 3 502 976 Stimmen
Die Linke. 886 887 Stimmen
FDP 637 723 Stimmen

Quelle: „Stadtverordnetenwahl 2011 in Frankfurt am Main: Eine erste Analyse. “, Seite 8. Der Band „Stadtverordnetenwahl 2011 ... “ erschien in der Reihe »Frankfurter Wahlanalysen« (Band 52) am 8. April 2011. Herausgeber: Stadt Frankfurt am Main – Der Magistrat , Bürgeramt, Statistik und Wahlen , Zeil 3 , 60313 Frankfurt am Main . Downloadlink: http://www.frankfurt.de/sixcms/media.php/738/fwa_52_stadtverordnetenwahl.pdf

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