In Ludwigs Sozialrechtsexperten-Weblog wird diese Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ausführlich geschildert. Ich meine, dass diese neue Nachricht nicht ganz so gut ist, wie es zunächst den Anschein hat. Um dies zu verdeutlichen, habe ich Textstellen aus Ludwigs Schilderung zitiert und kritisch kommentiert (Zitatenquelle: http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/04/hartz-iv-regelsatze-endlich.html):
[...] Der DGB teilt die vom Gericht geäußerten Zweifel an der Verfassungskonformität der Regelsätze. Vor allem das Kindern zugestandene Existenzminimum ist völlig unzureichend. Jugendliche wie im konkreten Fall der 15-Jährige haben rechnerisch ganze 3,50 Euro pro Tag für Ernährung zur Verfügung. [...]Wollen wir hier nicht eher von einer Vegetierbeihilfe sprechen?
Was die Rolle des DGBs angeht, verweist Ludwig auf einen zurecht sehr DGB-kritischen Artikel, erschienen in der saarländischen online-Zeitung.
[...] Das Gericht hat den Finger in die Wunde gelegt, die der politische Kuhhandel Anfang letzten Jahres im Vermittlungsausschuss nicht heilen konnte. Vor einem Jahr wurde durch die Einbeziehung weiterer Politikfelder ein Bündel geschnürt, ohne jedoch die Regelsätze zu erhöhen. In zwei von der Hans-Böckler-Stiftung erstellten Rechtsgutachten wurde aufgezeigt, dass die Regelsätze auch weiterhin verfassungswidrig sind [...]Schlimm an zu niedrigen Gutachten-Eckregelsätzen ist, dass sie helfen etwas Balsam auf die Wunde zu streuen, aber die Armut verstetigen. Ich meine, man sollte Gutachten wie das von Lutz Hausstein berücksichtigen und ernst nehmen.
[...] Jetzt ist das Bundesverfassungsgericht gefragt, die von ihm selbst aufgestellten Maßstäbe zur Ermittlung des notwendigen Existenzminimums zu kontrollieren. Der Gesetzgeber sollte aber nicht nach Karlsruhe schauen und abwarten. Es ist ein Armutszeugnis für die Politik, wenn erst erneut das Bundesverfassungsgericht eingreifen muss. [...]Ich befürchte, dass Bundesverfassungsgericht spielt das Spiel der geringfügigen Verbesserung beim gleichzeitigen Zubetonieren der Armutsverhältnisse mit.
[...] Schriftliche Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor.Dass die zuletzt genannten Gerichte die offenkundigen Mängel des sogenannten Gesetzgebers ignorieren, ist skandalträchtig. Aber was wollen wir bei einer immer noch vorhandenen neoliberalen gesellschaftlichen Grundströmung anderes erwarten?
Anmerkungen der Pressestelle: Der Beschluss der 55. Kammer ist der deutschlandweit erste Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht, in dem es um die Klärung der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelsatzhöhe geht. Allein das Bundesverfassungsgericht ist befugt, ein Parlamentsgesetz für verfassungswidrig zu erklären.
Am Berliner Sozialgericht sind zurzeit 107 Kammern mit der Bearbeitung von Klagen aus dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II – dem sogenannten Hartz IV Gesetz) befasst. Weitere Entscheidungen, die von der Verfassungswidrigkeit des aktuellen Regelsatzes ausgehen, sind bisher nicht bekannt. Ausdrücklich bejaht hat die Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes unter Verweis auf entsprechende Urteile der Landessozialgerichte von Bayern und Baden-Württemberg zum Beispiel die 18. Kammer des Sozialgerichts Berlin, Urteil vom 29. März 2012 – S 18 AS 38234/10.
http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/sg/presse/archiv/20120425.1035.369249.html [...]
Mein Fazit: Der politische Kampf gegen die Verhältnisse, die so etwas ermöglichen, muß weitergehen.
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