Aus invidualperspektivistischer Sicht bringen die Hilfsangebote wie das Helfen beim Ausfüllen von Anträgen oder die Schuldnerberatung einzelnen Bittstellern gewiß einen Nutzen. Ich möchte sie als Almosen bezeichnen; denn nicht jeder, der dieser Art von Hilfestellung bedarf, hat eine Kenntnis von dieser und erfährt auch bei der zuständigen Behörde keine Hilfe - statt dessen hört man als "Bittsteller" vielfach: "Bringen Sie mir bis...", "bitte füllen Sie aus...", ... und weiß nichts von der FALZ. In einem Sozialstaat, der diesen Namen zurecht tragen will, sollte man diese Almosen vielmehr allen Bedürftigen automatisch zukommen lassen; statt Almosen sollte man die schon jetzt bestehenden Rechte wie z. B. das Recht auf behördliche Ausfüllhilfe in allen Amtszimmern Realität werden lassen. Wie war das mit "zur Niederschrift"? Warum kämpf das FALZ nicht gegen diesen Mißstand an?
Positiv ist vermutlich die Zeitschrift »quer« anzusehen. Aber welcher Erwerbslose konnte sich »quer« dauerhaft leisten? Die mir bekannten Erwerbslosen kennen die »quer« erst seit dem sie als pdf-Datei im Internet kostenfrei beziehbar ist - also nach der FALZ-Ägide.
Als eingetragener Verein lebt das FALZ von den Mitgliedsbeiträgen und - so vermute ich - von Fördergeĺdern/-beiträgen und Spenden. Gern würde ich aus Transparenzgründen sehen, woher die Fördermittel und Spenden stammen - Folgender Sachverhalt macht mich hierbei besonders stutzig: Bei der FALZ-Jubiläumsfeier tritt heute Abend Frau Prof. Dr. Vera Birkenfeld (CDU), frankfurter Sozialdezernentin und vom Beruf her Juristin, als Gastredner (Grußwort) auf. Sehr sozial, die Frau Prof. Dr. Birkenfeld - wurde doch während ihrer Amtszeit die Familie Tosun 2011 zwangsgeräumt und aus der Wohnung, die der ABG Holding gehört (ABG-Eigentümer: Stadt Frankfurt am Main), rausgeworfen. Ob das Harald Rein weiß? Ich vermute, das FALZ bezieht Gelder von der Stadt Frankfurt am Main und/oder bekommt seitens der Stadt einen geldwerten Vorteil geschenkt. Eine Einladung von Prof. Dr. Birkenfeld zur Jubiläumsfeier, als was müßte man diese bezeichnen? ... Für mich ist das ein klarer Fall von Korruption. Die Interessen der Erwerbslosen werden so mit Sicherheit nicht vertreten.
Zur Person Harald Rein: Das FALZ wurde durch ihn wesentlich geprägt. Herr Rein ist auch außerhalb des FALZ aktiv, so im Netzwerk hessischer Erwerbsloseninitiativen. Als maßgeblicher Kopf hat er die Pressemitteilung des Netzwerks hessischer Erwerbslosen zum Tode Christy Schwundecks verfasst. Auf dem Hölderlin-Blog kann man die Netzwerk-Pressemitteilung nachlesen. Ich zitiere einen besonders kritischen Satz:
"Nach dem SGB II ist es möglich, in Notsituationen (kein Giro-Konto oder keine finanziellen Rücklagen) entweder einen Barscheck auszustellen oder Lebensmittelgutscheine auszugeben."Dieser Satz ist ein Unding. Barauszahlungen sind nicht-diskriminierend und sogar geltendes Recht - und keine "Wahlalternative" (?) zu Lebensmittelgutscheinen, wie uns das der liebe Harald hier erläutert. Beispiele aus der realen Praxis machen das, auch ohne Rechtsverweise anzugeben, rasch deutlich: Wie z. B. finanziere ich als ALG-2-berechtigte Mutter den neuen und 120 € teuren Bosnischen Reisepass meines schulpflichtigen Kindes mit Lebensmittelgutscheinen oder wie bezahle ich meine Miete mit Lebensmittelgutscheinen, wenn ich sonst vollkommen illiquide bin? Harald hätte den Gesetzesrahmen vollständig und richtig wiedergeben bzw. interpretieren müssen. Das hat er aber nicht.
Bleibt die Frage, warum hat er nicht den entsprechenden Sachverhalt richtig wiedergegeben? Eine irreführende politische Nebelkerze käme für mich als Antwort in Frage. Es handelt sich hier entweder um (unbewußten) Sozialrassismus oder um zu verschleiernde Einsparungen, nämlich den Verzicht an Geldautomaten. Das Vorhalten der Geldautomaten kostet schließlich richtig Geld, dass man mancherorts gern einspart. Die frankfurter Jobcenter-Niederlassung in der Mainzer Landstr. in Frankfurt am Main, in der Christy Schwundeck erschossen wurde, ist inzwischen geschlossen worden. War dort ein Geldautomat?
Vielleicht war die Sache mit der Pressemitteilung nur ein Ausrutscher, könnte man meinen. Zwei Punkte möchte ich zur Verfestigung meiner These, dass das FALZ eben nicht die Interessen erwerbsloser Menschen vertritt, sondern eine stinknormale finanziell abhängige Organisation darstellt, benennen: Ein Blogtext im FALZ-Blog und ein Text der Druckausgabe der Frankfurter Rundschau vom 28. April 2012 (FALZ-Mitarbeiter lesen die FR).
In der FR-Druckausgabe kann man folgenden Textabschnitt nachlesen:
Die beiden Fraktionschefs Helmut Heuser (CDU) und Manuel Stock (Grüne) haben bei der Präsentation "Runter von den Standards – Kürzungen in allen Bereichen des Lebens" folgendes angekündigt:Warum zieht das FALZ nicht politisch Stellung zu diesen angedachten Kostenreduktionsvorhaben, die auch die ALG-2-Bezieher treffen sollen?
FR-Zitat: "Bisherige Frankfurter 'Standards' sollen herabgesetzt werden heißt es im schwarz-grünen Leitantrag zum Sparen bis ins Jahr 2020 hinein…So sollen bei der Gewährung von Transferleistungen – das ist auch HARTZ-IV (ALG II) – Standards, mit dem Ziel der Kostenreduktion, überarbeitet werden.
Ebenso sollen die 'Standards bei den Dienstleistungen der Stadt' auf den Prüfstand. Die Verringerung der Zuschüsse an städtische Einrichtungen und Gesellschaften soll geprüft werden"…usw.."u.a. Zuschüsse für VHS, Frauenbetriebe werden abgesenkt…"
Im FALZ-Blogtext "Zehn Euro mehr für Langzeitarbeitslose ab 2012" vermisse ich kritische Hinweise auf die Verfassungsmäßigkeit des ALG-2-Eckregelsatzes - wegen des zu geringen Umfangs der ALG-2-Erhöhung. Außerdem ist der Titel inhaltlich falsch, auch sogenannte Aufstocker, also Menschen die Prekariats-Hungerlöhne beziehen, haben einen Anspruch auf ALG 2.
Meine Güte, dann fehlen in der Seitenleiste auf der Blog-Hauptseite noch Hinweise (Links in einer "Blogroll") auf andere Erwerbslosengruppen. Ein Link z. B. auf die Webseite der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg e.V. (jetziger Herausgeber der Zeitschrift »quer« im pdf-Format) wäre sehr nett. Statt dessen finden wir eine Wettervorhersage in der Seitenleiste (so am 16. August 2012, 23:00 Uhr). Diese Art Webseitengestaltung ist ein Stück unfreiwilliger Ehrlichkeit. Vielen Dank!
Mein Fazit: Ich schäme mich für das FALZ. In den dreißig Jahren seit Gründung hätte es politisch etwas mehr sein können. Aber vielleicht ist das bei der vorhandenen finanziellen Rahmensituation, sprich Abhängigkeit überhaupt nicht möglich. Vermutlich wird durch Prof. Dr. Birkenfelds Auftritt die eine oder andere Stelle gesichert/gerettet. Schön ist das für politisch denkende Erwerbslose nicht.
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing...
Ich frage mich, wie die Erwerbslosen bei einer solchen Anschein-Interessensvertretung in Erwerbsloseninitiativennetzwerken überhaupt irgendein politisches Gehör finden können. Verraten und verkauft?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Schreiben Sie, Ihre Meinung und Ihre Gedanken sind wichtig. Also los...