Freitag, 13. September 2013

Polizeipräsidium Frankfurt droht mit Repression per Pressemitteilung

Eigenes Archivbild: Grünen-Plakat
auf dem Fünffingerplatz, Frank-
furt am Main (Bornheim),
Anfang August 2013
{Vorbemerkung: Die Grünen waren einmal eine Protestpartei. Erinnert sei hier nur an die Startbahn West und daran, wie sich die Grünen damals engagierten. Aktuell hingegen entpuppen sich die Grünen immer mehr als eine Law-and-Order-Partei. Gut, dass es in der frankfurter Stadtpolitik noch den Stadtverordneten Martin Kliem gibt, Mitglied bei der Piratenpartei.

Wenn man den nachfolgenden Text Martin Kliems liest, ist man versucht, am 22. September 2013 in Hessen bei der Landtagswahl und der Bundestagswahl die Piraten wählen zu wollen. Doch tendiert für die Piraten die Aussicht, in eines dieser beiden Parlamente einzuziehen, gegen Null. Die fünf-Prozent-Hürde ist bei den neueren Prognosen, die um die drei Prozent für die Piraten liegen, nicht zu schaffen. Damit die Piratenwähler ihre Stimme nicht vergeuden, empfehle ich diesen deshalb am 22. September die Partei Die Linke. zu wählen: Die Linke hat sehr große Chancen auch dieses Mal in den hessischen Landtag einzuziehen. Der Einzug in den Bundestag ist sicher. Auf Landesebene wird die Partei Die Linke. von engagierten Politikern vertreten. Ich erinnere an die beiden Blockupy-Demonstrationen in Frankfurt am Main im Juni dieses Jahres, bei denen Dr. Ulrich Wilken und Willy van Ooyen eine bedeutsame Rolle spielten sowie an die von vielen sehr geschätzte Janine Wissler (alle drei sind Mitglieder des hessischen Landtags für Die Linke.). Im Bundestag setzt sich Christine Buchholz (für Die Linke. im Deutschen Bundestag) sehr couragiert für menschen- und bürgerrechtliche Belange ein...}


von Martin Kliem

Fünf bis sechs martialisch aussehende Zivilbeamte, einige davon mit Glatze, Tattoos, einer mit einem Shirt der Nazimarke „Thor Steinar“, überfielen ohne Vorwarnung die friedlich vor dem Haus das Abendessen vorbereitenden Menschen, schlugen auf sie mit Teleskopschlagstöcken ein, rannten fast eine Mutter mit Baby um und stürmten in das Haus. Die Aktivistinnen und Aktivisten glaubten an einen Überfall von Nazischlägern, versuchten die Schläge mit einer Bank abzuwehren und wandten sich hilfesuchend an die Minuten danach eintreffende uniformierte Polizei.

Gestern im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit schilderten in der Bürgerfragestunde drei Betroffene der Räumung des ehemaligen Sozialrathauses in der Krifteler Straße glaubhaft die Vorgänge:

Einer der Betroffenen schildert dies schockiert in einer Rundmail ausführlicher an einen internen städtischen Verteiler:
Sehr geehrter Herr Gangel, sehr geehrter Herr Cunitz, sehr geehrter Herr Feldmann, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
am vergangenen Samstag, den 07. September 2013, musste ich Zeuge und Opfer eines massiven Einsatzes der Polizei werden, dessen Opfer auch eine Mutter mit Säugling und mein achtjähriger Sohn und sein gleichaltriger Freund wurden. Ich selbst erlitt Prellungen und Schürfwunden.
Ich fühle im Recht und in der Pflicht dies hier auch im internen Stadtverteiler zu veröffentlichen, da hier Grundrechte von Menschen durch massive Polizeigewalt verletzt wurden.

Die leerstehenden Liegenschaft, ehemalige Sozialrathaus Gallus (Kriftelerstraße 84 / Ecke Idsteiner Straße), wurde am 06. September 2013 durch 150 Kulturschaffende, Studenten und Stadtteilinitiativen friedlich besetzt. Es wurden Informationsstände aufgebaut und es sollte ein kulturelles Gegenprogramm zur Aufwertung der innenstadtnahen Wohnviertel und Verdrängung der Mieterinnen und Mieter des Stadtteils stattfinden.

Am Samstag, den 07. September kam ich am Nachmittag mit einer Freundin, meinem Sohn und seinem Freund (beide 8 Jahre) zum Gebäude, da mir durch Bekannte mitgeteilt wurde, dass dort ein Tag der offenen Tür mit Programm sowie Kaffee und Kuchen stattfindet. Die Kinder konnten dort in einem Spielzimmer sowie vor dem Gebäude malen und spielen. Nach etwa 2 Stunden gingen wir für einen kurzen Spaziergang weg und kamen um ca. 18:20 wieder zurück um Nachhause zu fahren.

2 Minuten nach unserer Ankunft erschienen plötzlich 6-8 Männer mit sogenannten Todesschlägern, offiziell benannt als Teleskopstangen. Diese sahen aus wie Hooligans aus der gewaltbereiten Fußballszene oder Nazis, da sie entsprechende Kleidung trugen. Sie drängten und schlugen sich durch die ca. 30 Personen, darunter Schüler und eine junge Frau mit einem Säugling, die sich vor dem Haus befanden und weinend flüchteten, bis zum Eingang durch. Aus Sorge um meinen Sohn und seinem Freund suchte und rief ich panisch nach ihnen und vermutete sie wieder im Haus, wo sie sich, was sich im Nachhinein auch als wahr herausstellte, zu diesem Zeitpunkt auch aufhalten könnten. Die mittlerweile zu identifizierenden erschienenen 200 uniformierten Beamten verdrängten oder nahmen die erschreckten Personen weg und stellten sich vor den Eingang. Ich versuchte lautstark den Beamten zu erklären, dass ich meinen Sohn suche, woraufhin ich zu Boden gerissen und mehrfach getreten und geschlagen wurde.

Zum Glück waren die Kinder bereits von einer Bekannten durch die Polizei hindurch weggebracht worden und erlitten nur einen leichten Schock.

Eine Hausbesetzung stellt ohne Einverständnis des Eigentümers einen Hausfriedensbruch dar. In diesem Falle wurde diese aber, soweit ich dies gehört habe, zunächst geduldet und bereits mit Politikern der Stadtregierung und dem zuständigen Polizeirevier über den weiteren Umgang mit dem Gebäude und der Aktion gesprochen. Die berechtigten Interessen der Studenten (mangelnder Wohnraum) und Bewohner des Stadtteils (explodierende bis hin zu unbezahlbaren Mieten) wurden friedlich geäußert und ein Dialog mit Verantwortlichen gefordert.

Eine zweimalige polizeiliche Ankündigung zur Räumung eines Gebäudes ist der rechtmäßige Weg, um den Menschen, die einer unter Umständen eskalierenden Situation ausweichen wollen, diese Möglichkeit zu geben.

Ein Überfallkommando mit zivilen Polizeibeamten, die sich erst im Nachhinein als solche auswiesen, die aussehen wie Schläger und auch so handeln, stellt einen Rückschritt unserer zivilen Gesellschaft zu einer willkürlichen und diktatorischen Gewaltpolitik dar. Sie erinnern an Methoden, die hier Deutschland nicht mehr als zeitgemäß anzusehen sind!

Die schönredenden Polizeiberichte entsprechen nicht der Wahrheit.

Ich möchte Sie hiermit darum bitten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, damit ich mich im Alltag wieder ohne Angst mit meinen Kindern an Polizeibeamten vorbeibewegen und bei Bedarf mich auch an diese wenden kann.
In einem beispiellosen Vorgang folgten daraufhin nicht nur die üblichen Gegenanzeigen der Polizei, sondern der Pressestelle der Polizeipräsidiums war es nicht zu peinlich, zusätzlich eine Verleumdungsklage in einer Pressemitteilung anzudrohen:
POL-F: 130910 – 821 Gallus: Polizei erstattet Anzeige wegen verleumderischer „Rundmail“ anlässlich der Räumung eines besetzten Hauses im Gallus

10.09.2013 | 16:11 Uhr, Polizeipräsidium Frankfurt am Main

Frankfurt (ots) – Im Zusammenhang mit der Räumung eines besetzten Hauses in der Krifteler Straße am vergangenen Samstag wurde von einem 40-jährigen städtischen Bediensteten eine Rundmail mit zum Teil verleumderischen Inhalts verfasst und an zahlreiche Adressaten innerhalb der Stadtverwaltung, an städtische und private Einrichtungen sowie an politische Parteien und Verantwortliche übersandt.

Die in der Mail geschilderten Umstände der Festnahme des Mailverfassers sowie die Darstellung des polizeilichen Handelns entsprechen nicht der Wahrheit.

Gegen den Urheber der Mail wurden von der Polizei Strafanzeigen wegen Verdacht der Verleumdung sowie der falschen Verdächtigung erstattet. Darüber hinaus werden wegen seines Verhaltens am Einsatzort weitere rechtliche Schritte geprüft.
Wir bitten Zeuginnen und Zeugen, die den Überfall dokumentiert haben, sich dringend mit dem EA Frankfurt in Verbindung zu setzen, damit entlastendes Material veröffentlicht werden kann!

Publiziert am 10. September 2013 von Martin Kliehm auf der Homepage der Fraktion der Piratenpartei und der Europaliste für Frankfurt (ELF) in der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt/ Kurzlink: elf.pt/omglp

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