Dienstag, 9. Februar 2010

Ein Kommentar zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Hartz-IV-Regelsätze

Das war das schlechteste vom Bundesverfassungsgericht zu erwartende Urteil, wenn man den sachlichen Hintergrund und den Verhandlungsverlauf berücksichtigt. Dem Medienecho konnte ich entnehmen, daß es ein rein formales Urteil war. Im Kern wurde dem Gesetzgeber aufgetragen, die Regelsätze neu zu berechnen. Offenkundige Fehler wie die Kinderregelsätze und spezieller Mehrbedarf wurden thematisiert. Rückwirkend gibt es Nichts für Kläger und Antragsteller von Widersprüchen und Überprüfungsanträgen.

Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes gehören der oberen Mittelschicht bzw. Oberschicht an. So ist es nicht verwunderlich, daß das Bundesverfassungsgericht urteilte wie jemand, der gar keinen Bezug zu dem Elend der Grundsicherung (SGB XII) und des ALG 2 (SGB II) hat. Sonst wäre das Urteil brisanter geworden - für den Staatshaushalt. Man kennt die bisherige höchstrichterlich Rechtsprechung aus anderen Bereichen des Sozialrechts im Verlauf der letzten Jahre. Zu häufig triumphierte Staatsräson über Grund-/Menschenrecht. Das Wohl des "Gesamtstaates" wurde immer berücksichtigt; es dürfen dem Staat nicht zu hohe Kosten entstehen, war das Primat. So war es auch heute, man setzte dem Gesetzgeber eine Frist zum Nachbessern.

Praktisch könnte dies bedeuten, daß sich bis auf die direkt angemahnten Änderungen im Ergebnis sonst nichts ändert . Aber wenigstens wird das neue Regelsatzberechnungsverfahren transparenter sein. Das ist ein schwacher Trost.

Wir dürfen uns von unserem höchsten bourgeoisen Gericht nicht mehr erhoffen. Die historische Wahrheit gilt nach wie vor. Es ist die Wahrheit, Grund- und Menschenrechte müssen weiter erstritten werden - von allen. Kneifen gilt nicht. Die eigenen Grund- und Menschenrechte sind eben kein Fernsehfilm oder Bundesligaspiel, dem man bloß zuzugucken braucht.

1 Kommentar:

  1. Irgendwie kann ich den allgemeinen "Jubel" über das Urteil nicht nachvollziehen.
    Vielleicht liegt es daran, das sich auch die "Rechtsprechung" mittlerweile vom Souverän entfernt hat.

    Positiv an dem Urteil:
    - die "Regierung(en)" hat nicht nur eine Watsche bekommen, sondern den Arsch versohlt
    - für "dauerhaft wiedekehrende" Sonderbedarfe, die nicht im Regelsatz irgendwie schon wenigstens teilweise erfaßt sind, ist per sofort eine Leistung zu gewähren (der Rest bleibt streitig)
    - wohl ungewollt wurde die Sanktionierung mittels Regelsatzkürzung abgeschafft (Regelsatz = absolutes Existenzminimum, das durch den Gesetzgeber STETS gewährt werden muß (Rz 137) - aber noch genauer zu prüfen)

    Negativ an dem Urteil:
    - keinerlei Nachzahlung (man wurde zwar beschissen - aber hey, Du hast es ja überlebt, also war es nicht so schlimm)
    - die ganze Gestzgebung bleibt weiterhin in Kraft, d.h. es "darf" weiterhin zu wenig gezahlt werden.
    - bei der Neuregelung muß KEIN höherer Regelsatz raus kommen! Es ist nur verlangt, das dieser nachvollziehbar ist und immer auf der gleichen Grundlage erstellt wird.

    Im Extremfall - bei unseren politischen Rechenkünstlern durchaus vorstellbar - kann es sogar weniger werden!
    Denn, TROTZ nachgewiesener Falschberechnung, fehlender Anpassung von 1998 auf 2005, nicht nachvollziehbarer Abschläge für Kinder,... "...konnte das Gericht keine evidente Unterdeckung" feststellen.
    Noch extremer wären - nun mögliche - Massenspeisungen und Sammelunterkünfte - als "Sachleistungen". Zumal, damit würden ja auch die gesellschaftlichen Kontaktmöglichkeiten gefördert (scheiß Sarkasmus).

    Ich empfinde dieses Urteil als (weitere) Schande für die deutsche "Rechtsprechung".
    Auch wenn die Festsetzung einer Höhe nicht dem BVerfGe obliegt, so hätte es doch eindeutige Vorgaben machen MÜSSEN, gerade im Hinblick auf die Fälschungen und Betrügereien der Regierung(en) in der Vergangenheit.

    Jetzt ist im Beschißsystem für die nächste Runde Tür und Tor geöffnet.

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